Ich war 28 als ich meine Krebs Diagnose bekam. Es war für mich total surreal, denn für mich war diese Krankheit so weit von der Realität entfernt wie sonst nichts. In unserem Alter hat man sowas eigentlich nicht bzw. wenn, dann haben’s immer nur die “anderen”. Aber jetzt traf es mich. Dass einem das selbst passieren kann, war für mich eine total überraschende Erfahrung.
Wie es begann
Begonnen hat es, indem ich über meinem Schlüsselbein einen Knubbel (Knoten) spürte. “Ja mei, es ist von selbst gekommen und wird schon von selbst wieder weg gehen”, dachte ich mir und außerdem war ich zu dieser Zeit wirklich mit anderen Dingen beschäftigt.
Ich bin niemand, der wegen jedem Blödsinn zum Arzt rennt und so wartete ich erstmal zu. Der Knubbel wurde größer. Nach 3 Monaten ging ich schließlich zu meinem Hausarzt, um es abklären zu lassen. Ich nahm eine Freundin mit und war ich im Nachhinein sehr froh darüber über diese Begleitung. Denn beim Hausarzt brach plötzlich die totale Hysterie aus und ab diesem Moment war alles anders.
Ich kam sofort ins Krankenhaus
Ich wurde sofort in das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder eingeliefert und es wurden jede Menge Tests gemacht. Es dauerte ewig. Zwischendurch kam eine Ärztin zu mir und fragte mich, ob mir bewusst sei, dass es auch Krebs sein könnte. Natürlich war es mir bewusst. Wie die meisten anderen auch habe ich die Wartezeit natürlich genutzt, um das Internet bis in die letzten Ecken zu durchforsten und dachte mir schon, dass dieser kleine Ausflug auch ein langer werden könnte.
Gewissheit: Krebs Diagnose
Eine Ewigkeit später stand es fest: Lymphdrüsenkrebs. Noch dazu 2 verschiedene Arten: Hodgkin und Non-Hodgkin Lymphom – Jackpot quasi. Ich fand zwei Dinge besonders spannend. Das eine war die Tatsache, dass ich nie Angst hatte.
Oder negative Gedanken. Es war für mich einfach so. Das ist jetzt so und ich muss jede Menge Sachen machen, damit das wieder weg geht. Passt. Ist für mich ok. Das war so mein Gefühl, das mich über das nächste halbe Jahr begleitete.
Das zweite war, dass ich außer dem Knubbel keine Symptome hatte. Die Ärzte sagten mir, dass Patienten mit Krebs Diagnose normalerweise Symptome zeigen. Ihnen ist schlecht, sie haben Juckreiz, unerklärlicher Gewichtsverlust, Nachtschweiß oder plötzlich auftretende Fieber-Attacken, die nach einigen Tagen abklingen. Ich hatte das alles nicht. Nur einen kleinen Knoten am Schlüsselbein und später auch in der Achsel.
Vom ersten kleinen Knubbel am Schlüsselbein bis zu vielen größeren Knubbeln dauerte es im Anschluss überhaupt nicht lange. Der gesamte Zeitraum von Kein-Knubbel-und-pumperlgsund bis zu viele Knubbel und ein großer direkt an der Lunge zwischen den Lungenflügeln dauerte es insgesamt nur ein halbes Jahr, vielleicht ein paar Monate. Der große an der Lunge war gemein. Er hat mir buchstäblich den Atem geraubt und das ist ein wirklich hässliches Gefühl.
Natürlich war mir auch bewusst, dass ich aus der Nummer nicht mehr lebend raus kommen könnte. 70% Überlebenswahrscheinlichkeit. Das ist eine gute Zahl, aber wenn man da so direkt mit den 30% konfrontiert ist, kommen die einem auch sehr viel vor, das kann ich dir sagen.
Die Therapien schlugen an
Ich bekam einige Therapien, natürlich auch Chemotherapie. Bei der Therapie ist es so, dass du mit verschiedensten Mitteln vollgepumpt wirst – Spritzen, Infusionen, Tabletten. Währenddessen stehst du unter ständiger Beobachtung, da es sein kann, dass du extrem fieberst. Ich fand es faszinierend, dass bereits bei der ersten Behandlung alle meine Knubbel kleiner wurden. Ich hab es abends regelrecht gefühlt.
Positives Denken hat mir geholfen
Und vor allem positiv denken. Jammern ist Gift für dich und den Körper. Es raubt dir die Kraft, die du brauchst. Natürlich jammert man hin und wieder über diverse Sachen und das ist auch gut so. Nur man sollte wissen, wo die Grenze ist und die Positivität nicht verlieren. Man kann sein Wohlbefinden selber steuern, indem man das Positive an den Dingen sieht.
Auf die Therapie sprang ich wahnsinnig gut an. Mir war nach der Chemo eigentlich nie übel, ich hatte anfangs noch richtig Appetit und die Knubbel wurden kontinuierlich kleiner. Natürlich ist es ein Kraftakt. Dir wird dein gesamtes Immunsystem gekillt. Du hast Fieberattacken. Wenn du dir irgendwo einen kleinen Infekt aufschnappst bist du schon in Lebensgefahr.
Mit der Zeit verschwand mein Appetit
Mit der Zeit verschwand mein Appetit. Alles Essen schmeckte so wahnsinnig salzig, ich brachte es nicht runter. Was noch ging waren die eine chinesische Suppe und Kuchen. Ich bekam heftigen Juckreiz an den Beinen, sodass ich mir die Beine wund gekratzt habe. Ich bin mit jeder Chemotherapie schwächer geworden. Mit der Zeit war es für mich ein enormer Kraftakt, drei Stufen hochzugehen.
Warten. Monatelanges Warten.
Einkaufen undenkbar. Wäsche waschen undenkbar. Ich bin gelegen und hab gewartet. Wochenlang, monatelang. Man hat es mir angesehen, dass ich Krebs hatte und das hat schon an mir genagt.
Irgendwann musst du einfach raus, ich hatte zwischendurch so ein Scheißegal-Gefühl. Es gab Tage, an denen es mir besser ging und dann bin ich sogar fortgegangen. Mit einer Freundin fuhr ich ein Wochenende nach Kroatien, einfach weg, einfach raus. Müsste ich es jetzt nochmal durchmachen, dann hätte ich schon Angst und wäre vorsichtiger. Zum einen bin ich älter geworden, zum anderen habe ich es durchlebt und es war schon sehr zach.
Außerdem ist es so, dass das zweite mal Mal Krebs heftiger therapiert wird, weil er stärker ist wenn er wiederkehrt. Die Haare gehen aus. Alle Haare, inklusive Wimpern und Augenbrauen. Ich hab mir einen Spaß daraus gemacht, meine einzelnen Härchen an den Armen ganz leicht auszuzupfen. Es ging ganz leicht, sie waren nicht mehr wirklich verwurzelt. Ich habe allgemein viele Witze über den Krebs gemacht. Ich muss ehrlich sagen, mir hat es geholfen, das Ganze mit Humor zu nehmen.
Wir haben Witze gerissen und heute ist mein Leben komplett anders
Meine Freunde und ich haben über das ganze Thema Krebs Diagnose und alles was dazu gehört Witze gerissen ohne Ende. Makaber und grenzwertig. Aber das wars doch auch. Es war makaber und es war grenzwertig und wenn man selbst in einer Situation wie dieser steckt, dann darf man so derbe Witze darüber reißen, wie man möchte.
Ich hab eigentlich immer die positiven Seiten daran gesehen und die gab bzw. gibt es! Vor meiner Krebsdiagnose war ich eine Bürokraft und habe mich am Campus02 für ein Studium inskribiert, das im Herbst hätte beginnen sollen. Zum Studium ist es nie gekommen und als ich in den Krankenstand ging, sagte mir mein Chef, dass er mich zurücknehmen würde, wenn ich wieder gesund bin. Als ich 8 Monate später wieder an die Tür klopfte, war dem nicht so.
Dementsprechend bin ich erstmal zum AMS gegangen und konnte über ZAM (eine Einrichtung für arbeitssuchende Frauen) eine Ausbildung machen. Ich interessierte mich immer schon für Programmieren und so konnte ich das HTL Kolleg in Software Engineering für Wirtschaftsingenieurswesen mit Schwerpunkt Betriebsinformatik besuchen.
Perfekt! Mittlerweile hab ich es abgeschlossen und bin in meinem absoluten Traumjob! Ich weiß nicht, ob ich ohne den Krebs hier wäre, wo ich jetzt bin. Meine Einstellung zum Leben hat sich von Grund auf geändert. Total viele Menschen sind der Meinung, dass sie was weiß ich was erreichen müssen, um jemand zu sein oder welche Leistung auch immer erbringen müssen. Ich finde, das ist absoluter Bullshit.
Jeder Tag ist ein Geschenk und es kann jeden einzelnen Tag die letzte Stunde kommen. Das einzige, das wirklich Sinn macht ist es, glücklich zu sein. Genießen!
Ich habe in dieser Zeit gelernt, das beste Beste aus meiner Situation zu machen und das Leben zu schätzen. Krebs kann ja ständig wieder kommen und jeden jederzeit erwischen. Nach 5 Jahren krebsfrei ist man offiziell geheilt und vor Corona im Dezember 2020 war es bei mir soweit: